Frau Marseiler, was ist Ihre erste Kindheitserinnerung an das Familienunternehmen?
Ich habe die Servietten stapeln und in die Schachteln verpacken dürfen. Die vielen Farben und Muster – ein Traum für ein kleines Mädchen! Auch jeder Restaurantbesuch mit meinen Eltern war ein Erlebnis: Kaum saßen wir, haben die beiden Servietten, Kerzen und Speisekarten unter die Lupe genommen. Diese DNA wurde mir in die Wiege gelegt. Ich mache das heute genauso.
Wollten Sie von klein auf in die Fußstapfen Ihrer Eltern treten?
Absolut. Während andere Kinder in der Schule davon träumten, Prinzessin oder Astronaut zu werden, wusste ich immer: Ich werde Unternehmerin. Als mein Vater vor wenigen Jahren schwer krank die Geschäftsführung abgeben musste, wurde ich, mitten im Studium, ins kalte Wasser geworfen. Da war ich 21.
Wie kamen Sie mit der plötzlichen Verantwortung zurecht?
Ich bin von Natur aus positiv eingestellt und habe am Anfang vieles aus dem Bauch heraus entschieden. Ich kannte die Theorie, hatte aber kaum Praxiserfahrung. Ich habe Fehler gemacht, daraus gelernt, weitergemacht. So funktioniert Unternehmertum.
Was hat Ihnen Ihr verstorbener Vater mitgegeben – als Mensch und als Unternehmer?
Menschlichkeit. Neugierde. Das Verfolgen klarer Ideen.
Ihre Mutter arbeitet nach 38 Jahren immer noch bei „Marseiler“ …
… und ist nach wie vor eine tragende Säule. Ohne meine Mutter hätte das alles nicht geklappt. Sie ist in alle wichtigen Entscheidungen eingebunden. Diese Mischung aus Tradition und Erneuerung macht unser Familienunternehmen aus. Mir war wichtig, den Betrieb nicht überstürzt umzubauen, sondern Schritt für Schritt Veränderungen einzuleiten. Deshalb habe ich mir am Anfang zwei Fragen gestellt: Wer sind wir? Wohin wollen wir?
Ihre Antwort?
Als Familienbetrieb profitieren wir von Flexibilität. Zeitgleich brauchen wir eine bessere Struktur. Nur mit einem Gleichgewicht aus beidem können wir den Aufenthalt der Gäste unserer Kunden ständig verbessern. Wir haben drei Themenwelten entworfen: „Welcome & Living“, „Body & Soul“ sowie „Eat &Drink“. In diesem Rahmen wollen wir Nutzen und Ästhetik zusammenführen. Südtirol ist ein Gastgeberland, das vom und für den Tourismus lebt. Unsere Produkte – Kerzen, Servietten, Badelinien – sind Accessoires, die den Aufenthalt eines Gastes stets noch ein kleines bisschen angenehmer machen sollen. Dieser Sektor entwickelt sich immer weiter, es entstehen immer neue Bedürfnisse.
Zum Beispiel?
Früher war das Bad Mittel zum Zweck. Heute verbindet der Gast das Bad mit Wellness und Wohlbefinden. Außerdem wird Nachhaltigkeit immer wichtiger. In unserem Bereich spielen Einwegprodukte eine große Rolle. Diese landen im Müll. Aber Müll ist nicht gleich Müll. In der Arbeit mit Recycling-Produkten und nachwachsenden Rohstoffe sind wir führend.
2017 feiert „Marseiler“ 50- jähriges Bestehen …
… was wir unter anderem mit einem neuen Logo feiern! Das „M“ steht weiterhin für Marseiler, außerdem sind im neuen Logo eine gefaltete Serviette, eine Kochmütze und eine Krone zu erkennen. Der Gast ist König!
Zur Person:
Lisa Marseiler, Jahrgang 1992, hat die Handelsoberschule in Meran besucht und in Bozen Wirtschaft und Management studiert. Nach neun Monaten Arbeitsaufenthalt in Neuseeland und einem Auslandssemester an der „Brock University“ in Toronto, übernahm sie 2014 den Familienbetrieb, den ihr Vater Josef Marseiler 1967 als Ein-Mann-Unternehmen gegründet hatte. Inzwischen zählt die „Marseiler GmbH“ 25 Mitarbeiter und 2.500 Bars, Restaurants und Hotels in Südtirol zu ihren Kunden – außerdem wird Österreich beliefert und gemeinsam mit der „Gramm AG“ ganz Italien.